Schwedens Nato-Beitritt
«Ein historischer Tag»: Schwedens Weg in die Nato ist frei
Stand 27.02.24 - 08:12 Uhr
Nach langem Hinauszögern gibt das ungarische Parlament dem schwedischen Nato-Beitritt letztlich seinen Segen. Mehr als anderthalb Jahre des Wartens könnten für Schweden nun ganz bald vorbei sein.
©dpa
Ungarn stimmt als letztes Nato-Mitglied zu
Budapest/Stockholm (dpa) – Zustimmung in Budapest, aufatmen in Stockholm: Schwedens Weg in die Nato ist nach mehr als anderthalb Jahren der Blockaden und Verzögerungen endgültig frei. Das Parlament des Nato-Mitglieds Ungarn stimmte dem schwedischen Beitritt am Montag mit breiter Mehrheit zu, womit nur noch Formalien ausstehen, ehe das skandinavische EU-Land als 32. Mitglied in das Verteidigungsbündnis aufgenommen werden kann.
- Anzeige -«Heute ist ein historischer Tag», erklärte der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson nach der Parlamentsabstimmung, bei der 188 Abgeordnete für Schwedens Nato-Aufnahme stimmten und nur sechs dagegen. «Schweden lässt nun 200 Jahre der Neutralität und Bündnisfreiheit hinter sich. Das ist ein großer Schritt, aber auch ein sehr natürlicher Schritt», sagte er auf einer Pressekonferenz in Stockholm. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hieß das Votum willkommen. «Schwedens Mitgliedschaft wird uns alle stärker und sicherer machen», schrieb der Norweger auf der Online-Plattform X.
Ungarn hatte seine Zustimmung lange Zeit hinausgezögert, die Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban jedoch vor wenigen Tagen grünes Licht für die Schweden signalisiert. Orban betonte am Montag im Parlament, dass es vor einer Ratifizierung des schwedischen Nato-Beitritts wichtig gewesen sei, bilaterale Streitigkeiten zu klären. Dies sei durch den Besuch von Kristersson am vergangenen Freitag «in würdiger Weise» geschehen.
Formalien stehen noch aus
Für Schweden bedeutet die Billigung in Budapest, dass die letzte große Hürde auf seinem steinigen Weg in die Nato aus dem Weg geräumt ist. 30 der 31 Nato-Mitglieder haben die Nato-Aufnahme der Schweden bereits ratifiziert – nur Ungarn fehlt noch. Nach der Zustimmung des Parlaments muss nun das ungarische Staatsoberhaupt die Ratifizierung unterschrieben – wem diese Aufgabe zufällt, ist noch nicht ganz geklärt.
Nach dem Rücktritt von Präsidentin Katalin Novak wegen ihrer Verwicklungen in einen Pädophilie-Skandal wählte das ungarische Parlament am Montag den bisherigen Verfassungsgerichtschef Tamas Sulyok zum neuen Präsidenten. Sein offizieller Amtsantritt ist allerdings erst für den 5. März geplant. Bis dahin führt Parlamentspräsident Laszlo Köver kommissarisch die Geschäfte des Staatsoberhaupts.
- Anzeige -Erst mit der präsidialen Unterschrift – entweder von Sulyok oder von Köver – und der anschließenden Veröffentlichung im ungarischen Amtsblatt wäre die Ratifizierung abgeschlossen. Wann genau dies der Fall ist, ist noch ungewiss. Die Ratifizierungsurkunde muss im Anschluss außerdem formal beim US-Außenministerium in Washington hinterlegt werden, danach müssen die Beitrittsdokumente Schwedens ebenfalls an das Ministerium übergeben werden – dann sei Schweden offiziell Nato-Mitglied, erläuterte Kristersson. Schon in den Tagen darauf könnte es dann eine Willkommensfeier für Schweden geben, bei der dann die schwedische Flagge vor dem Nato-Hauptquartier in Brüssel gehisst wird.
Mit einer ganz ähnlichen Zeremonie war im April 2023 auch Finnland im Bündnis willkommen geheißen worden. Zusammen mit seinem nordischen Nachbarn hatte sich Schweden im Mai 2022 entschlossen, die Mitgliedschaft in der Nato zu beantragen. Für beide Länder bedeutete das eine Abkehr von einer traditionellen militärischen Bündnisfreiheit, doch der russische Einmarsch in die Ukraine hatte auch im hohen Norden Europas für eine Zeitenwende gesorgt.
Anders als die Finnen rangen die Schweden jedoch noch viel länger damit, die ausbleibenden Ratifizierungen durch die Nato-Mitglieder Türkei und Ungarn zu erhalten. Gerade die Türkei hatte den Prozess lange Zeit aktiv blockiert und diese Haltung unter anderem mit einem aus ihrer Sicht unzureichenden Einsatz Schwedens gegen «Terrororganisationen» begründet. Vor einem Monat stimmte das Land dem schwedischen Nato-Antrag schließlich zu. Unmittelbar darauf brachte die US-Regierung den Verkauf von F-16-Kampfjets an Ankara auf den Weg.
«Bereit sein, füreinander zu sterben»
Damit fehlte es den Schweden nur noch an der Zustimmung Ungarns – und das, obwohl das Donauland im Südosten der EU immer wieder betont hatte, nicht das letzte ratifizierende Land sein zu wollen. Es zögerte die Ratifizierung jedoch immer weiter hinaus und berief sich dabei darauf, dass es aus Schweden in der Vergangenheit Kritik an den demokratischen Verhältnissen und der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn gegeben habe. Viele Fidesz-Politiker fassten das als Beleidigungen auf, ehe ihre Fraktion vergangene Woche überraschend grünes Licht für die Schweden signalisierte.
Dieses Einlenken wurde am Freitag endgültig beim Besuch von Kristersson bei Orban besiegelt. Dabei wurden mehrere Vereinbarungen zur bilateralen Rüstungs-Zusammenarbeit verkündet. Unter anderem kauft Ungarn vier neue Kampfjets vom Typ Jas 39 Gripen aus Schweden. Und Orban machte klar, wie eng die Beziehung zwischen den künftigen Bündnispartnern werden soll: Als gemeinsame Nato-Mitglieder müsse man «bereit sein, füreinander zu sterben», sagte Orban auf einer Pressekonferenz mit Kristersson. Man müsse bereit sein, füreinander da zu sein und für Freiheit und Unabhängigkeit zu kämpfen. «Das bedeutet es, Nato-Mitglied zu sein», betonte Orban.
Für eine solch starke Beziehung bedürfe es einer soliden Basis voller Vertrauen und gegenseitigem Respekt, sagte er weiter. Diese Basis scheint er nun mit den Schweden wiedergefunden zu haben – auch dank des Rüstungs-Deals und des Budapest-Besuches von Kristersson, was Orban vor seinem Heimpublikum jeweils als Sieg verkaufen konnte.
Bleib immer bestens informiert!
Mit unserem kostenlosen 95.5 Charivari-Newsletter verpasst du keine Highlights mehr. Von Top-Konzerten über exklusive Gewinnspiele bis hin zu Einblicken in Larissa Lannert live - wir liefern dir wöchentlich alles Wichtige direkt in dein Postfach.
Mehr Beiträge und Themen
Wie geht es beim TSV 1860 München weiter? Der umstrittene Investor Hasan Ismaik würde seine Anteile verkaufen. Gibt es Interessenten? Präsident Robert Reisinger äußert seine Vorstellung.
Flixbus erweitert ab München sein Angebot: Mehr Fahrten zu beliebten Zielen wie Mailand und Budapest. Perfekt für deine Sommerreise!
Zalando sperrt ab sofort zehntausende Kundenkonten, um Retouren zu reduzieren. Erfahre, warum und wie das E-Commerce-Unternehmen vorgeht.
Bei Railjet gibt's ab April eine neue Verbindung. In neuneinhalb Stunden kommst du von München, ohne umsteigen, nach Italien an die Adria.
Hochwasser, Sturmflut oder Starkregen: Menschen in betroffenen Gebieten sollen sich künftig besser darüber informieren können. Dabei helfen soll ein Internetportal.
Beeinflusst uns der Mond auf geheimnisvolle Weise? Die Wissenschaft hat nicht bei jedem Aspekt schon eine klare Antwort, zum Beispiel beim Thema Schlaf. Definitiv hat der Erdtrabant mit Ostern zu tun.
Die Zukunft des Flatrate-Tickets für den Nahverkehr ist erst einmal gesichert. Doch beim Preis dürfte sich etwas tun – aber wohl erst in einigen Jahren.
Union und SPD einigen sich auf einen Koalitionsvertrag. Die Parteien haben das Papier am Mittwochnachmittag vorgestellt. Das steht drin:
Asteroid 2024 YR4 könnte 2032 auf den Mond treffen – ein Einschlag mit spektakulären Folgen, den du sogar von der Erde aus beobachten könntest. Was die NASA dazu sagt – hier.
S-Bahn-Chaos an Ostern in München: Die Bahn nutzt die Ferienzeit für Bauarbeiten in Laim und an anderen Stellen im Netz. Das bringt massive Fahrplanänderungen und Ersatzverkehr.
DESK
Thomas Müller absolvierte am 16. April sein letztes Spiel für die Bayern in der Champions League - die Interviews danach waren dementsprechend emotional.
In München sind Osterfeuer eine beliebte Tradition, die jedes Jahr zahlreiche Besucher anzieht. Erfahre hier, wo du die schönsten Osterfeuer in München finden und erleben kannst.
Vor dem sportlichen Höhepunkt soll es beim Champions-League-Endspiel einen musikalischen geben. Linkin Park kommen nach München.
Wer beim Final Four der Nations League in München und Stuttgart das EM-Gefühl aus dem Vorjahr aufleben lassen will, kann sich ab sofort für Tickets bewerben. Die Preise stehen bereits fest.
In München-Fasangarten startete am 14. April die erste Hightech-Hautkrebsvorsorge: die "checkupbox". Sie soll einfacher, schneller und besser zugänglich sein.
Der Raumdeuter als Regisseur: Thomas Müller zeigt sich in einem neuen Werbespot von seiner gewohnt lustigen und sympathischen Art - sehr sehenswert!
Ab dem 20. April dürfen die Schiffe auf dem Ammersee und Starnberger See wieder in die Saison starten. Und auch auf den drei anderen Seen kannst du bald schon mit den Dampfern rumschippern.