100 Jahre Radio
Vor 100 Jahren startete das Radio – so lebten die Menschen in München
Stand 30.10.23 - 11:07 Uhr
Das deutsche Radio wird hundert Jahre alt und aus diesem Anlass werfen wir einmal einen Blick darauf, was zu dieser Zeit eigentlich in München los war. Wie sah das Nachtleben aus? Was haben die Leute damals getragen? Welche Rolle spielte der Sport? Was gab es alles an neuen Erfindungen? All das und noch mehr haben wir für dich zusammengefasst.
©Turngemeinde München am Maßmannbergl 1925, Stadtarchiv München
1923 – München vor hundert Jahren
Wie haben die Leute bei uns vor 100 Jahren gelebt? War der Alltag easy oder eher beschwerlich? Was waren die neuesten Technik-Gadgets, wie sah die Mode aus? All diese Fragen haben wir uns gestellt und im Rahmen unseres Specials „1923 – München vor hundert Jahren“ zum Anlass des 100-jährigen Jubiläums des deutschen Radios, für euch beantwortet.
Außerdem siehst du hier, wie damals die Radiogeräte und Kopfhörer aussahen.
- Anzeige -Leben und Wohnen
1923 begann als echtes Schreckensjahr! Deutschland musste nach dem Ersten Weltkrieg horrende Reparationszahlungen leisten und die streikenden Arbeiter zahlen, so stand die Wirtschaft am Abgrund. Der Staat war pleite und druckte immer mehr Geld, infolgedessen explodierte die Inflation und ein Laib Brot kostete beispielsweise fünf Milliarden Mark. Die Bevölkerung litt stark und musste sich von Kartoffeln ernähren. Die Rettung kam erst, als Mitte des Jahres die Rentenmark als neue Währung eingeführt wurde. Ab da gings steil bergauf – und die „Goldenen Zwanziger“ begannen endlich!
Der Hitler-Putsch im November 1923 im Münchner Bürgerbräukeller scheiterte und die politische Lage war endlich stabil. Die neue Demokratie der Weimarer Republik brachte nun eine wahre Blütezeit mit sich und das Geld war endlich wieder etwas wert!
Franz Wohrmüller, Sterneck Bräu und ein Radiogeschäft im Tal, 1929, Stadtarchiv-München
Es wurden Bausparkassen, eine Sozial- und sogar eine Arbeitslosen-Versicherung eingeführt – München konnte endlich aufatmen. Der Spaß konnte letzten Endes losgehen und Kinos und Konzerthäuser wurden gestürmt. Niemand dachte mehr an Elend, Krieg und Armut, die Menschen suchten nach den schönen Seiten des Lebens.
Das funktionierte auch bis 1929, denn da kam die nächste Wirtschaftskrise und Adolf Hitler.
Party und Ausgehen
Auch die Jugend wollte nach den bitteren Nachkriegsjahren endlich wieder laut sein, feiern und ohne Einschränkungen das Leben genießen können.
Die alten Moralvorstellungen aus der Kaiserzeit wurden über Bord geworfen – Jugendliche rauchten jetzt Kette, feierten, zogen von einer Kneipe zur anderen und nahmen sich sexuelle Freiheiten. Auch Frauen wurden endlich selbstbestimmter und emanzipierter.
Platenatirum Deutsches Museum 1925, Stadtarchiv München
Berlin war damals die drittgrößte Stadt der Welt und wurde zum Vergnügungszentrum Europas. Auch in München boomten Bars, Restaurants, Varietés und Cafés. Schwabing war außerdem der Treffpunkt von Intellektuellen und Künstlern, hier traf man zum Beispiel auf Maler wie Kandinsky und Paul Klee.
In den Tanzlokalen und im Deutschen Theater spielen Live-Bands Jazz, Swing und Charleston – es regieren Champagner und Verschwendungssucht. Das Leben war eine Party! Hier kannst du anhören, welche Musik die Menschen damals hörten.
- Anzeige -Kleidung und Mode
Nach den mageren Nachkriegsjahren gaben alle Vollgas, nicht nur beim Ausgehen, sondern auch in der Mode! Paillettenkleid und Glockenhut waren die frechen Highlights der Goldenen Zwanziger. Das spießige Korsett wurde endlich eingemottet und die angesagte Münchner Dame trug jetzt kurze Röcke oder sogar Hosen. Die Frauenmode wurde – für damalige Verhältnisse – freizügig und Ausdruck der neuen Emanzipation. „In“ sind röhrenförmige Kleider, schulter- und rückenfreie Teile, Spagetti-Träger und tiefe Ausschnitte.
Die Zigarettenspitze war das Must-Have der „neuen Frau“, dazu gab es Perlenketten, Feder-Boa, Stirnband und eine chice Handtasche. Friseure konnten sich vor lauter Terminanfragen kaum retten, denn die Nachfrage nach dem angesagten „Bubikopf“-Haarschnitt war groß.
Und wie sah in den golden twenties die Männermode aus? Wie wir finden ziemlich cool! Die Gentlemen trugen Knickerbocker, Anzüge mit Hosenträgern, Seitenscheitel und Dandy-Schirmmütze á la Peaky Blinders! Die Taschenuhr war out und der letzte Schrei hieß „Armbanduhr“, man(n) trägt diese Uhr – total verrückt – mit einem Band am Handgelenk!
Erfindungen und Technik
Auch Technik und Wissenschaft machten in den Zwanzigern einen enormen Sprung. Allein elf Nobelpreise gingen nach Deutschland, darunter an Albert Einstein und Thomas Mann, beide wohnten sogar hier.
Gewaltige Fabriken produzierten Automobile, die an Stelle der Pferdefuhrwerke traten. Weiters wurden die elektrischen Trambahnen ausgebaut – mittlerweile fuhren sie sogar schon bis Ramersdorf und Berg am Laim!
In München wurden aufgrund der hohen Auto-Produktion die ersten Tankstellen eröffnet und Autobahnen gebaut. Staubsauger, E-Herd und Waschmaschine zogen in Privatwohnungen ein und revolutionierten die Hausarbeit. Graf Zeppelin erfand das Luftschiff, ein Engländer das Düsentriebwerk – und die Medizin entwickelte Insulin und Penicillin.
Relevante Erfindungen für das Radio gaben es auch: neu waren nämlich der elektrische Plattenspieler und das Mikrofon, welches ab Oktober 1923 den öffentlichen Rundfunk ermöglichte. Der Hersteller Zenith brachte für 350 Reichsmark das erste tragbare Radio für Verbraucher auf den Markt. Es wog sechseinhalb Kilo – und da es in einen Koffer passte – wurde es „Kofferradio“ genannt.
- Anzeige -Kino und Radio
Bisher wurden in den deutschen Lichtspielhäusern nur Stummfilme gezeigt, doch in den Zwanzigern kam endlich auch der Tonfilm, was den Kinobesuch revolutionierte. Alfred Hitchcock drehte seinen Film „The Pleasure Garden“ in den Münchner Bavaria Film Studios am Geiselgasteig. Derweil schossen in Deutschland Kinos wie Pilze aus dem Boden. 1924 startete das Schwarz-Weiß-Fernsehen und Ende der Zwanziger sogar das Farbfernsehen.
Detektorempfänger „Friho“, Baujahr ca. 1924–1926. ©Deutsches Museum, Reinhard Krause
Die Erfindung der neuen Medien passte in den Goldenen Zwanzigern perfekt zum Lifestyle. Der öffentliche Hörfunk begann in den Niederlanden und den USA. Am 23. Oktober 1923 startet er dann auch in Deutschland. Die ersten Worte, die gesendet wurden, lauteten:
„Achtung! Hier Sendestelle Berlin Voxhaus, Welle 400. Wir bringen die kurze Mitteilung, dass die Berliner Sendestelle Voxhaus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt.“
Da war es, das Radio – nie wieder aus der Gesellschaft wegzudenken! Restaurants stellten Radios auf, um Gäste anzulocken und bis Ende der zwanziger stieg die Anzahl der verkauften Rundfunkgeräte auf über 3,7 Millionen. Gesendet wurden Hörspiele, klassische und moderne Musik und satirische Chansons. Es ging dabei ausschließlich um Unterhaltung, da politische Sendungen in den Zwanzigern trotzdem noch ein Tabu waren.
Sport: Das neue Massen-Vergnügen
Bei all dem Lechzen nach Vergnügung bekam in den Goldenen Zwanzigern auch der Sport endlich die Aufmerksamkeit, die er verdient. Denn mit der Einführung der Acht-Stunden-Schicht hatten die Menschen plötzlich mehr Freizeit zur Verfügung, welche sie mit dem Anschauen von Autorennen, Ruderregatten, Flugtagen und Sechstage-Radrennen verbrachten – Damals zog man mit Freunden oder der Familie von einer Großveranstaltung zur anderen.
Spiel des FC Bayern ca. 1920, Stadtarchiv München
Mega populär wurde außerdem das Boxen. Millionen verfolgten gebannt Max Schmelings Boxkämpfe an den Radiogeräten. Turnvereine und Arbeitersportvereine bekamen ebenso massenhaften Zulauf. Sportler entwickeln sich zu Vorbildern und waren jetzt die neuen Prominenten. In den Zwanzigern ging es auch erstmals so richtig los mit dem Fußball – die Zahl an Fußballbegeisterten stieg rasant an und Hunderttausende strömten die Stadien. Nürnberg wurde folglich zur Fußballhauptstadt und der 1. FCN holte ab 1920 fünfmal die deutsche Meisterschaft.
Der FC Bayern zählte 1920 schon rund 700 Mitglieder und war damit der größte Fußballverein Münchens. Außerdem: Mitte der 20er-Jahre verdiente ein normaler Arbeiter im Monat rund 200 Mark – spielte er nach Dienstschluss aber für Bayern München Fußball, konnte er 150 Mark dazu verdienen und damit die Lebensbedingungen von sich und seiner Familie erheblich verbessern.
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